Alfred Neubert,
Hann.-Münden,
Burgstrasse 15/16.

Hann.-Münden, den 18.8.1946

B e r i c ht 
über die Kämpfe um Elbing
23.Januar bis 10.Februar 1945
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Die Verteidigung Elbings war voraussichtlich gedacht als eine vor-
geschobene breitangelegte Sicherung der linken Flanke der Weichsellinie
mit linker Anlegung an das Frische Haff, rechts angelehnt an die Vertei-
digungswerke von Marienburg. Die Stellung Elbings im gesamten Verteidi-
gungssystem wurde als "Brückenkopf Elbing" bezeichnet. - Der um Elbing
beabsichtigte Bogen der Verteidigungslinie war weit vorgeschoben. Sollte
z.B. bei Dörbeck, Rakau und die entsprechenden Entfernungen nach rechts fort-
gesetzt führen über Grunau-Höhe, Anschluss an den Drausensee finden und
über Kerbswalde, Grunau-Niederung zum Anschluss nach Marienburg führen.
Zur Besetzung dieser Linie waren zwei Divisionen beabsichtigt, dazu die 
Einheiten des Volkssturmes. Die für die Luftabwehr eingebauten Flack-
battarien sollten zum Endkampf mit einbezogen werden.
   Die zur Bestzung der vorgeschobenen Stellungen gedachten Volks-
sturmeinheiten waren genauestens eingeteilt, ihre Bewaffnung war vorhan-
den. Im entscheidenden Augenblick jedoch war die Bewaffnung nicht mehr 
greifbar, weil über sie anscheinend inzwischen anderweitig verfügt wor-
den war. Auch ist es zu einem geregelten Einsatz des VolksSturmes über-
haupt nicht gekommen. Das Moment der Überraschung hat viele der geplan-
ten Maßnahmen nicht zur Durchführung kommen lassen. Auch die Schansar-
beiten waren nicht restlos beendet. So sollten noch am 21.Januar Schanz-
kommandos aus der Stadt in den Raum von Grunau-Höhe gehen, jedoch fanden
sie am Orte keinerlei Arbeitsgerät und hartgefrorene Erde.Es herrscht
gerade in jenen Tagen starker Frost mit erheblichen Schneefällen. Letz-
terer steigerte sich tragischerweise gerade ab 23.Januar, so daß auf der
Elbinger-Höhe grosse Schneehöhe lag und auch die Strassen in der Niede-
rung stark behindert waren. Zum weitaus größten Nachteil für Elbing ge-
reichte die alsbaldige Unterbrechung der wichtigsten Vekehrsverbin-
dungen sowohl nach Osten, wie auch nach Westen. Abgesehen von den ohne-
hin bedrohten Chauseen nach Rr.Holland und Stuhm wurden auch die Kö-
nigsberger Chausee, Bahnverbindungen nach Königsberg und Haffküste so-
gleich am 23.Januar unterbrochen, die Chausee- und Bahnverbindung nach
Marienburg unmittelbar darauf, spätestens am 25.Januar. Kräftemässig
fehlten selbstverständlich die für eine lückenlose Besetzung der Front-
linie nötige Truppen, wozu noch kam, daß Einheiten aus Elbing - Artl.
Ers.Abt.Feldherrnhalle - noch am 23.Januar abends zu anderer Verwendung
nach Danzig abgezogen wurden. Begünstigend für den Angreifer aber war
vor allem das Chaos, das er mit dem Vorbrechen seiner Panzerspitzen
nicht nur unter der Zivilbevölkerung, sondern auch den die Hauptver-
bindungsstraßen ständig belastenden Strom des zurückflutenden Wehrmachts-
trosses hervorrief. Anstatt den Anschluss am Feinde zu behalten, suchte
alles den Anschluss an die Etappe zu gewinnen, was dazu führte, daß man-
gels Interesse die Nachrichtenübermittung über den Stand der Kampfhan-
dlung nur unklar erfolgte, die tatsächliche Stellung des Gegners nicht 
zuverlässig gemeldet wurde und Ereignisse eintreten konnten, wie sie 
der überraschende Durchbruch russischer Panzer auf Elbing war. Hinsicht-
lich der Bevölkerung war bei den hierfür zuständigen Stellen keinerlei
Verantwortungsgefühl für die Anordnung einer rechtzeitigen Räumung fest-
zustellen. So war die Verbreitung von Räumungsbefehlen innerhalb der 
einzelnen Stadtteile uneinheitlich und erfolgte zum Teil überhaupt nicht.
   Am 23.Januar gegen 17 Uhr stiessen überraschend elf russ. Panzer aus
Richtung Dambitzen-Serpiener-Weg auf die Stadt vor, durchfuhren diese 
unter ständigem Schiessen Hindenburgstrasse, Mühlendamm, Alter Markt,
Ziesestrasse und richteten unter der Bevölkerung und den die Strassen
füllenden Flüchtlings- und Wehrmachtsfahrzeugen grösste Verwirrung und

erhebliche Verluste an. 7 Panzer wurden abgeschossen, 4 konnten den 
Stadtausgang über Engl.Brunnen gewinnen und legten sich bei Bahnsta-
tion Gr.Röbern fest. Ein am anderen Morgen einfahrender H.U.B.-Zug wurde bereits
von dort beschossen und meldete die Lage. Gleichzeitig waren die russ-
Kräfte von Süden nach Norden weiter durch die Elbinger-Höhe vorgestossen
hatten Truns, Rahau und Dörbeck erreicht und wahrscheinlich Anschluss 
an die Panzerspitze in Röbern genommen. Ebenso war die Bahn bei Gülden-
boden am gleichen Abend besetzt und abgeschnitten.
   Am 24.Januar erfolgten Angriffe gegen die inzwischen aus den verfüg-
baren Kräften soweit möglich bestzten Frontabschnitten, vorerst bei
Grunau-Höhe. Aus Richtung Kerbshorst stiessen erste Kräfte über den zu-
gefrorenen Elbing bei drei Rosen über Lachenhäuser gegen das Gelände 
Neustädterfeld. Damit ist bereits der Frontbogen abgezeichnet, der sich
um Elbing bildete. Von Röbern über Damerau, vor Seeteich, Grunau-Höhe
verlief die Front zum Drausensee, Grunau-Niederung nach Marienburg.
Die Linie Drausensee - Marienburg war nur dünn besetzt. An einigen Punk-
ten - Löwenslust und Fichthorst gelang dem Gegner ein rasches Vorstoßen
zur Berliner-Chausee. Am 25.1. wurden Uebersetzversuche bei Bollwerk
zur Niederung gemeldet. Angriffe erfolgten insbesondere bei Freiwalde
und vor Spittelhof. Die rückwärtige Verbindung über IV.Trift war noch
passierbar. An diesem Abend wurde die Lichtversorgung der Stadt Elbing 
unterbrochen. Schäden in der Stadt waren bislang eingetreten durch 
Panzerschüsse und Granatwerfer- sowie Stalinorgelbeschuss. Durch be-
nutzte Brandgranaten der letzteren wurden die ersten Grossbrände her-
vorgerufen. - Der 26.1. brachte Kämpfe an der Mudra-Kaserne sowie bei
Kerbswalde an Drausensee. Die Quertrift glaubte man durch eine 14cm-
Battr. in Fichtenhorst, die ursprünglich vor der Sicherungslinie Drausen-
see/Grunau wirken sollte, ausgeichend gedeckt.Jedoch ging Fichthorst 
überraschend schnell verloren, so auch die Batterie mit noch 600 Schuss.
Durch Vorstoß entlang der Quertrift kam der Gegner am 26. zur IV.Trift
und konnte damit die letzte Zufuhrstrasse für Elbing abschneiden. Die
Brücke in Einlage mit Seitendeckung links und rechts entlang der Nogat
wurde durch ein von Elbing aus entsandtes Sicherungskommando rechtzei-
tig gesichert.
   Der 27.1. brachte einen Panzervorstoß KönigsbergerStrasse bis zur Ka-
serne, Pulvergrund, Aeuss. Mühlendamm. Ein Shermann-Panzer wurde am Pul-
vergrundweg abgeschossen, der Rest zurückgedrängt. Infantriekämpfe bei
Damerau - Hommelbrücke und Bieland. Abends wurde von der Paulus-Schule
aus die Mudra-Kaserne zurückgewonnen. Im Ziese-Park und Engl.Brunnen 
blieben noch einige russ. Panzer und beunruhigten die Gegend. Am glei-
chen Tage Kämpfe vor Dambitzen sowie an der Auto-Bahn und Eisenbahn-
brücke. Gegenüber anfänglichen Beschuss leichter Artillerie liegen
Nachrichten über Heranziehen schwerer mot.Artl. bei Streckfuss vor.
   Nach dem Abschneiden der rückwärtigen Verbindung nach Einlage hielt sich
die Westfront.von Eisenbahnbrücke über Schillingsbrücke Grubenhagen. 
Ueber das Eis des Elbings gelang den Russen bei gleichzeitigen Angriffen 
an der Auto-Bahn Neustädterfeld zunächst eine zeitweilige Inbesitznahme 
der Eisenbahnbrücke und Einsickern in das Gelände des Verpflegungsamtes.
Dabei ging leider eine leichte Flackbatterie - 2cm - an der Autobahn-
brücke verlustig. Ein Gegenstoß brachte nur vorübergehend wieder den
Besitz der Eisenbahnbrücke und Halten der vorgenannten Linie. Die Ent-
nahme von Vorräten aus dem Verpflegungsamt konnte jetzt nur noch bei
Dunkelheit erfolgen - teilweise bemächtigten sich bereits die Russen
der Vorräte. Unter Ausnutzung des zugefrorenen Flusses setzte der Russe
auch in das Fabrikgelände Schichau - Stadtwerk - über und konnte sich
hier mit leichten Kräften festsetzten.
   Die 7.P.D. war von aussen zur Entlastung auf Elbing angesetzt und
zwar aus Richtung Einlage und Jungfer. Unter Einsatz einer Anzahl ge-
panzerter Fahrzeuge gelang ein Durchbruch zur Stadt - am 28.1. - hier
konnte den Fahrzeugen, die unter Betriebsstoffmangel litten, aus einem 
angeschossenen Brennstoffzug auf dem Rosswiesenbahnhof genügend Betriebs-
stoff gegeben werden - unter ständiger Feindeinwirkung - wodurch sie in 
die Lage kamen, überhaupt noch weiter zu operieren. Sie stiessen über
Tannenbergallee vor, und erreichten etwa die Linie Neuendorf-Höhe. Ob

Ob der Vorstoß weiter Boden gewann, ist nicht verbürgt. Tatsache ist,
daß durch diesen Durchbruch auf Elbing die Tiegenhöfer-Chaussee min-
destens für einen Tag wieder passierbar wurde. Es wurden vor allem die
Verwundeten aus den Lazaretten herausgebracht, vor allem aus der Hein-
rich von Plauen-Schule/Kriegslazarett. - Das Hauptlazarett sowie das 
Städt.Krankenhaus waren bereits am 23.-teilweise am 24.1. geräumt. Die
7.P.D. konnte die Schleuse über Tiegenhöfer-Chaussee nicht länger offen-
halten, sondern nur noch einen Keil auf Elbing zu aus der Niederung - 
Zeyersvorderkampen - Nordteil Kraffohlsdorf behaupten. Zeyer hatte der
Russe besetzt. Mit diesem Kampfabschnitt war die Verbindung entgültig ab-
gerissen.
   Aus dem Kampfraum Frauenburg sickerten durch die Linie des Gegners 
nur vereinzelne Gruppen hindurch, so z.B. A.L.A. beritten mit einem Rest
von 100Mann, die wirklich noch Kampfkraft hatten, sonst kamen von dort
nur total Erschöpfte, Kampfunfähige und waffenlose Männer durch.
   Es häuften sich die Fälle, dass der Russe unsere Gefangenen als Par-
lamentäre zu den einzelnen Einheiten zurücksandten mit der Aufforderung 
zur Uebergabe, wobei auffällig war, dass der Russe über unsere Stellung 
und sogar die Namen der Abschnittsführer gut unterrichtet war, was den 
Schluss zulässt, dass unsere Leute bei der Gefangennahme entsprechend
ausgesagt haben.
Bereits vor der Einschliessung Elbings hatte die Stadt unter Be-
schuss stark zu leiden. Die ersten Flächenbrände versuchte die Feuer-
wehr zu bekämpfen. Die Ungunst des starken Frostes beeinträchtigte je-
de Spritzenarbeit, so daß - da auch bei der Vielzahl der Brände - 
nichts mehr zu retten war, und zudem das wasser ausblieb, noch vor 
der Eischliessung die Evakuierung der Löschzüge nach Danzig erfolgte.
   Während der Gegner vorerst Panzerspitzen mit Einsatz von Granat-
werfern, Pak und Stalinorgeln mit geringeren Inf.Verbänden angesetzt 
hatte, machte es sich allmählich bemerkbar, dass die Masse der russ.
Truppe nachgezogen wurde. Es beherrschten fortgesetzte Inf.Angriffe die
Front. Dazu kam laufend Art.zum Einsatz gegen die Stadt. Etwa ab 3. bis
4.2. begann die Einwirkung schwerer Artl., die sich als die Besatzung 
sich auf den Stadtkern zurückziehen mußte - 6.2. - zu einem systema-
tischen Zerstörungsfeuer steigerte.
   [Anlage I]:
   Das Festsetzen der Russen in einzelnen Stadtzugängen: Grubenhagen,
Schichau-Gelände Engl.Brunnen, Pangritz-Kolonie, Siedlung Nesseln und
Vogelsang sowie Tannenberallee, Spittelhof, also das Eindringen in be-
baute Stadtteile wirkte sich sogleich nachteilig aus, als es ihnen in 
der ihnen besondes liegenden Kampfesweise gelang, unter Ausnutzung der
Nacht, über Hinterhöfe durchzusickern und unerwartet Strassenkreuzungen
unter Beschuss zu nehmen. Dieses brachte stets eine gewisse Unruhe 
in die eigene Truppe. In den Linien, die freie Flächen hatten, Linie
Thumberg - Höhen vor Dambitzen, Grunau-Abbau bis Spittelhof sowie Flug-
platz, Autobahn war die Verteidigung günstiger. Auf diesen vorgenannten 
Linien hielt sich die Front bis etwa 1.2. Die Artl. hatte bis zu diesem 
Zeitpunkt noch genügend Geschütze und Munition, um wirkungsvoll und teil-
weise sogar entscheidend die Angriffe abzustoppen. Es war anfänglich 
auch noch möglich, auf die in Seeteich gelagerten Munitionsbestände zu-
rückzugreifen, dann fiel auch dieses fort, zumal auch die Transport-
mittel wegen Ausfall der Fahrzeuge  und Brennstoffmangel beschrängt waren
und ein bespannter Transport unendlich mühsam war und wenig schaffte.
Die anfangs unter Bedeckung bis Seeteich geleiteten Kolonnen mußten 
als die Front auf die Höhen vor Dambitzen zurückgenommen wurden, ein-
gestellt werden. Unendliche Schwierigkeiten machte der Stellungswechsel
der Geschütze. Die feststationierten Flackgeschütze gingen mangels 
überhaupt vorgesehenen Stellungwechsels jeweils bei Verlust der Stel-
lung verloren, so daß die Flak den wichtigen Anteil am Erdkampf, den 
man ihr zugedacht hatte, nicht genügend ausfüllen konnte. Anderseits 
wurde versucht, aus den vorgefundenen Beständen bei Schichau-Trettinken-
hof und anderwärts brauchbare Geschütze und Fahrzeuge herauszusuchen.
   [Ende Anlage I]
Ausgehend von der Frontlinie etwa des 1.2. soll nun die allmähliche 
Abbröckelung der Verteidigungsfront dargelegt werden:
Zunächst hatte sich der Gegner in Grubenhagen weiter gegen die Speicher-
insel vorgeschoben, unsere Stellung bei Schillingsbrücke mußte aufgege-
ben werden und im Raum der Eisenbahnbrücke blieb nach Eindringen des 
Russen in das Verpfl.Mgz. eine dauerhafte Beunruhigung. Im Raum Flugplatz
Tannenbergalleefortgesetzte Angriffe aus Gunau-Höhe, Spittelhof. Hier 
ging die Linie an der Autobahn verloren. Es mußten die ersten Wohnhaus-
blocks Tannenbergallee als neue Linie bezogen werden, ebenso der Ost-
rand der Eisenbahnsiedlung. Für den Frontabschnitt Dambitzen war die 
Rücknahme der Sicherung auf den Thumberg entscheidend, beinahe gleich-
zeitig mußte der Abschnitt von den Höhen vor Dambitzen unter fortge-
setztem Kampf über Dambitzen hinaus zurückgenommen werden, so dass all-
mählich auch hier die Höhe zur Eisenbahnsiedlung - Gallwitz-Kaserne-
Weingarten-Gänseberg zum Kampfgebiet wurde. Dabei war der Verlust der
vor Dambitzen eingebaut gewesenen Flak-Battr., die als eine der we-
nigen letzten Flak-Battr. mit gutem Erfolg im Erdkampf gewirkt hatten,
besondes empfindlich. der 3.u.4.Februar brachten schwere Kämpfe im Be-
reich Engl.Brunnen -Schmidtsches Gelände-Leichnamstr. und Schlieffenallee
Ungerkaserne. Auch hier ging allmälich ein Straßenzug nach dem anderen 
verloren. Es machte sich bereits der Mun.Mangel der Artl. sowie der Aus-
fall verschiedener Battr. bemerkbar, ebenso der erhöhte Feindbeschuß auf
immer enger werdendem Raume. Der zweimalige Versuch von Mun.Abwurf aus 
Flugzeugen brachte kaum einen Erfolg, teilweise wurden die Behälter nicht
gefunden oder auf die Feindseite abgetrieben, zum Teil war Munition ent-
halten, die wir nicht gebrauchen konnten. Die Markierung der Abwurfplätze
-Gelände Sonnenstr.-Neue Gutstr.-Grünstr, später Friedrich Wilhelmplatz
konnte wegen der umliegenden Brände kaum erfolgen.
   Während am 5.2. die Front an der Hindenburgstr.noch auf den Höhen 
der Friedhöfe

der Friedhöfe bis Gänseberg verlief, dringt der Gegner zunächst entlang 
der Strasse bis Weingarten vor. Entscheidend war aber ein Unternehmen 
des Russen gegen die Jugendherberge für diesen Abschnitt. Der Gegner
konnte sich bei Dunkelheit hier überraschend festsetzen und war trotz
eigenem Art.Beschuß und Gegenstoß nicht aus den Beton-Luftschutzbunkern
zu werfen. Von dieser Höhe beherrschte er am anderen Morgen die ganze
Umgegend-einschl.Inf.Kaserne-. Die führte zum Verlust der Kaserne und
langsamer Stellungsrücknahme entlang der Hindenburgstrasse bis Hommel-
brücke. Der Gegner drängte auch nach an der Bergstrasse und Blumenstr. 
sowie zu Annenkirche, wurde aber auf der Linie Aeuss.Mühlendamm aufge-
halten. Fast gleichzeitig mußten wir in der Tannenbergallee bis zum
Holländer-Tor weichen. Von Rosswiesen her war der Gegner auf Getreide-
markt, Bauerei Preuss, Komnickstr. vorgedrungen. An der Elbing-Front
war die ganze Speicherinsel verlorengegangen, bis auf Brückenköpfe an
beiden Brücken. Die Leege-Brücke war durch Artl.Beschuß vernichtet, die
Höhe-Brücke wurde gesprengt. Vom Holl.Tor entlang der Hommel, Annenplatz,
Friedhöfe verlief die front vom 7. bis 8.2. über Grünstr. Königsbergerstr.
Wunderberg. Im direkten Schuß schoß der Russe jetzt wahrscheinlich von
den Höhen Gänseberg auf alle noch stehenden größeren Häuserblocks. Der
Turm der Drei Königen-Kirche wurde völlig zum Einsturz gebracht. Mit 
schwerer Artl.schoß der Gegner ohne Unterbrechung in die Stadttrümmer.
   Zur gleichen Zeit haben einige Schiffsgeschütze, vorder Nehrung ste-
hend, Ziele beschossen bei Schillingsbrücken, Dambitzen und Damerau.
Auch erst- und letztmalig erfolgte zu dieser Zeit ein grösserer Einsatz 
deutscher Stukas. Der Kampf hatte seinen tragischen Höhepunkt erreicht.
Mit der Rücknahme der Frontabschnitte waren auch die eigenen schweren
Waffen bis auf einzelne verloren gegangen und diese ohne Munitionsver-
sorgung und Personalergänzug. Fahrzeuge und Gespanne für Stellungs-
wechsel und Munitionstransport waren zerschossen oder verbrannt, die 
Strassen teilweise nicht mehr zu befahren. Aber es war dieses auch der 
Zeitpunkt, in dem man an die Besetzung neuer Stellungen nicht mehr denken 
konnte; denn es ging nunmehr um den Stadtkern, und um die Frage, wie
lange es bis zum völligen Ende noch dauern würde. Ein Einsatz war nicht 
mehr zu erwarten. Die 7.P.D. war nochmals bis zum Barackenlager Schichau
in Kraffohlsdorf vorgestoßen, hatte sich aber wieder zurückziehen müs-
en. Man hatte auch nicht den Eindruck, daß ein Ausbruch geplant und 
überhaupt noch möglich war. In der Nacht zum 9.2. war der schwere Be-
schuss am stärksten. Strassen, die am Vortage noch annährend erhalten
waren, waren morgens nicht wieder zu erkennen. Im Laufe des 9.2. wurde 
die Lage an den einzelnen Straßenabriegelungen unhaltbar. Die eigenen
Verluste und Munitionsmangel waren nicht mehr aufzuholen. Einige schwe-
re wirkten nur noch vereinzelt. Der Truppe waren bis auf wenige Maschi-
nenwaffen nur noch die Handfeuerwaffen und Panzerfäuste verblieben. Am
Abend des 9.2. hatte der Gegner unter Ausnutzung der Dunkelheit überall
weiter Raum gewonnen. Am Arbeitsamt und Königsbergstrasse oberhalb 
des Gymnasiums konnte ein Eindringen in das Stadtinnere noch verhindert 
werden. Aus Richtung Getreidemarkt, Holl.Tor und Mühlendamm wurden die 
Verteidiger weiter zurückgedrängt. Der Kommandant, der zuletzt im Poli-
zeipräsidium war, in das Gymnasium, doch auch hier drangen die Russen
von den Hinterhöfen, Grünstr.Sonnenstr., vor.
   Da kam der Befehl zur Zusammenziehung der restlichen Kräfte im Raum
Löser & Wolf - Löserstr.-. Von hier aus sollte ein Ausbruch versucht 
werden. Der Gegner hatte diese Absicht nicht erkannt und auch nicht die
in der Löserstr. vonstatten gehende Ansammlung der restlichen Besatzung
beobachtet. Es erfolgte jedenfalls hier kein nennenswerter Beschuss.
Der Gefechtslärm in der Stadt ließ allmählich mit zunehmenden Sammeln
der eigenen Truppe zum Aufbruch nach. Ecke Löserstrasse Leichnamstrasse
standen zur Verfügung ein erbeuteter T34, sowie ein deutscher Panzer und
einige gepanzerte Transportwagen. Der Gegner hatte in der Leichnamkirche
-Schichau-Schule - eine Stellung mit Pak und Mg ausgebaut und sperrte
das Stadtinnere ab. Unter Feuerunterstützung der vorfahrenden Panzer,
dessen Wert mehr moralischer als taktischer Art war, wurde von der Be-
satzung nun der Durchbruch durch die russ.Linie erzwungen in Richtung

Ziesestrasse. In der III. Niederstrasse wurde in dem Raum um Wittkowski
erneut gesammelt und eine Abriegelung gebildet, um das Uebersetzen über 
den Elbingfluß zu sichern. Jetzt war der Fluß aufgetaut, während er z.Z.
der Angriffe des Gegners noch zugefroren war. Bereits in der Nacht wur-
den zunächst die Verwundeten übergesetzt, die, sowit sie gehend oder
mit Unterstützung sich bewegen konnten, mitgeführt wurden. Die Belegung
der Heinrich von Plauen-Schule  war bereits den Gegnern in die Hände ge-
fallen. Pioniergerät zum Uebersetzten war nicht verfügbar. Es wurde ein
Prahm mit Seilzug verwendet, der etwa 100 Mann fasste. In den Morgen-
stunden des 10.2., als die Nebel sich verzogen, wurde das Uebersetzten
schwieriger, da nun der laufende Beschuss wieder begann, nachdem der 
Gegner das Unternehmen bemerkt hatte. Auf der anderen Seite des Flus-
ses hatte der Gegner am Kraffohlsdorferweg die einzelnen Gehöfte be-
setzt, bildete somit hier eine neue Abriegelung. Diese mußte erneut 
durchstoßen werden. Das geschah an der Abzweigung der V.Trift, durch das 
Barackenlager Schichau hindurch. Der Gegner beschoss schwerstens so-
wohl von der Höhe der Mudra-Kaserne, als auch vom Silo und Ostpr.Werk
das flache Wiesengelände von Kraffohlsdorf. Leuchtsignale gaben unserer
Truppe Kenntnis von der Spitze des deutschen Keiles in der Niederung.
Im nördlichen Teil von Kraffohlsdorf - etwa beim Gehöft des Obsthän-
dlers Löpp - trafen wir auf die deutsche Truppe. Damit war der Anschluss 
an die deutsche Front gewonnen, die Kämpfe in Elbing abgeschlossen, 
gleichzeitig aber auch die alte Heimatstadt aufgegeben, wobei in ihren
Trümmern tausende von Einwohnern ihrem bitteren Schicksal entgegen
sahen.
   Gegen 1.500 Mann der Elbinger Kampfgruppe erreichten auf diese Wei-
se den Anschluß zur Danziger Truppe über Zeyerniederkampen, Jungfer 
und Tiegenhof. Am nächsten Tage soll noch ein kleiner Rest aus Elbing her-
ausgekommen sein, ob dieses zutrifft und wo sie durchbrachen ist nicht
zuverlässig bekannt.

                              Alfred Neubert



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